vbw fordert Kurswechsel in der Klimapolitik - Ziel: CO2-Reduktion statt Energieeffizienzsteigerung
Für eine schnellere Reduktion des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlenstoffdioxid im Gebäudesektor macht sich die Architektin und Professorin Elisabeth Endres von der TU Braunschweig stark. Beim Klimagipfel des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. und des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen e.V. in Konstanz stellte sie dar, wie dies durch einen Kurswechsel in der Klimapolitik mit deutlich geringeren Investitionen als bisher erreicht werden kann.
Gerade die Finanzierbarkeit von Klimaschutzmaßnahmen spielt für die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft eine zentrale Rolle – denn weniger Geldmitteleinsatz bei gleichzeitig guten Klimaschutzergebnissen im Gebäudesektor sorgt für stabilere und bezahlbare Mieten. Das macht den Vorschlag für die Wohnungswirtschaft so interessant.
„Der Bau und Betrieb von Gebäuden sollte nicht mehr vorrangig an Energieeffizienzanforderungen, sondern konsequent an CO2-Reduktionszielen ausgerichtet werden“, ist Endres überzeugt. Das bedeutet, dass Investitionen im Gebäudesektor gleichberechtigt in moderne Heizsysteme wie die Wärmepumpe fließen müssen und weniger in Dämmmaßnahmen und Denken in Energiebilanzen. „Es braucht möglichst schnell eine Umstellung der Wärmeversorgung der Gebäude auf emissionsfreie Technologien“, so Endres.
Die gute Nachricht für Besitzer älterer Gebäude ist, dass moderne Wärmepumpen zwischenzeitlich effizient genug sind, um auch unsanierte oder gering sanierte Gebäude zu beheizen. „Wenn wir uns auf die Einführung dieser emissionsfreien Technologien konzentrieren, reduzieren wir den Primärenergiebedarf und erreichen schneller die Klimaneutralität“, ist Endres sicher. Umfassende Sanierungen außerhalb der Bauunterhaltszyklen sollten nur dann vorgenommen werden, wenn sie ökologisch und ökonomisch sinnvoll seien. „Das hat nicht nur Vorteile für die Immobilienbesitzer und die Umwelt, sondern auch für die Mieter, weil ihre Kaltmieten weniger stark steigen“, sagt die Professorin.
Ihren Lösungsansatz, der dazu beiträgt, bezahlbare Mieten und Klimaschutz in Einklang zu bringen, hat Endres in einer gemeinsamen Initiative mit vier anderen renommierten Professoren aus den Fachbereichen Architektur und Ingenieurwesen herausgearbeitet und in einem Manifest für einen Kurswechsel in der Klimapolitik für den Gebäudesektor niedergelegt. Die Initiative ist überzeugt, dass die Konzentration auf die Emissionsreduktion am ehesten bezahlbar, sozial verträglich und wirksam sein wird und damit die Grundlage für einen nachhaltigen Gebäudesektor darstellt.
„Die finanzielle Belastung der Mieter durch immer höhere Klimaschutzanforderungen unter anderem in den Förderprogrammen, die nachweislich nicht den erwünschten Effekt an Energieeinsparungen bringen, verlangt ein Umsteuern der Politik. Wir müssen stattdessen sinnvolle Sanierungsmaßnahmen ergreifen, anstatt unsere Gebäude zu überoptimieren, wie dies aktuell politisch vorgegeben wird.“, sagte auch Peter Bresinski, Präsident des vbw.
„In Heidelberg testen wir gerade in einem Forschungsprojekt mit der TU München, wie sich unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen auf die CO2-Vermeidungskosten auswirken. Erste Berechnungen legen nahe, dass ein Mittelmaß an Sanierungsmaßnahmen bei den CO2-Vermeidungskosten am besten abschneidet“, berichtete Bresinski. Das Projekt findet im Rahmen des Strategiedialogs zum bezahlbaren Wohnen und innovativen Bauen in Baden-Württemberg statt. Bresinski ergänzte: „Die thermische Simulation werden wir in diesem Jahr durch gemessene Verbrauchswerte ersetzen. Wenn sich die theoretischen Annahmen in der Praxis bestätigen, dann spricht auch dieses Forschungsprojekt für einen Kurswechsel in der deutschen Klimapolitik“.
Der jährliche Branchentreff, an dem auch in diesem Jahr wieder mehr als 260 Interessierte teilgenommen haben, bot einen fachlichen Austausch und informierte unter anderem über den aktuellen Stand der Energie- und Klimapolitik, den Einsatz von Wärmepumpen sowie den Einsatz von Mieterstrom.
Das Manifest steht ihnen zum Download auf den Seiten der Initiative zur Verfügung.
Ein Kurzinterview mit Prof. Elisabeth Endres finden Sie hier (auf Youtube).